Dolomiten 1999

Urlaub in den „Dolos“

Freitag, 18.6.99

Früh morgens Aufbruch Richtung Darmstadt, unserer Zwischenübernachtung. Aber so recht will es nicht losgehen, da zwar früh gestartet, aber nicht früh genug, Stau vorm Elbtunnel. Also in der Mitte durch. Die meisten Dosentreiber nehmen sogar Rücksicht und machen uns bereitwillig Platz. Nach dem Tunnel löst sich dann alles in Wohlgefallen auf.

Wir sind zu viert unterwegs, Harald auf seiner GSX1100R, Stefan auf seiner 1100er Virago, Peggy mit seiner VN 15 und ich mit meiner K75RT. Heute sollen Kilometer gefressen werden, die drei anderen wollen noch weiter nach München, ich werde mich am Hattenbacher Dreieck auf die A5 schlagen und nach Darmstadt fahren, wo ich Binchen treffe.

Nach Hamburg kommen wir recht gut voran, aber wegen Stefans 34 PS und dem Ar***kraulerfahrwerk der VN sind wir mit maximal 140 Sachen unterwegs. Das Wetter ist uns wohlgesonnen und die Sonne strahlt mit aller Macht, ohne jedoch die Temperaturen ins Unerträgliche hoch zu treiben. Die Fahrt verläuft unspektakulär, nur die Packtaschen auf der Virago versuchen immer wieder, ihre Kontaktfreudigkeit mit dem Endtopf unter Beweis stellen zu wollen. Und wir stehen trotz der gemäßigten Geschwindigkeit alle 150 Km an der Zapfsäule. Warum haben Asphaltrüttler eigentlich so einen kleinen Tank?

Kurz vor dem Hattenbacher Dreieck ist es dann soweit wir trennen uns. Ich schlage mich auf die A5, jage die K allerdings mit 170 über die Piste – die Garantie nicht einzuschlafen, die Nacht war schließlich kürzer als gedacht (Sch**ß Eumex).

Nachmittags erreiche ich dann Darmstadt, froh endlich von der Dosenbahn runter zu sein und aus meinen Klamotten zu kommen. Abends dann grillen, mjam….

Samstag, 19.6.99

Heute ist die zweite Etappe nach Völs angesagt. 600 Km liegen vor uns, davon rund 400 wieder auf dem grauen Asphaltband. Die K ist beladen, Bine sitzt hinten drauf, ab geht die Post. Leider ist uns Petrus nicht so gut gesonnen wie gestern, der Himmel ist ein grau in grau und kurz hinter Darmstadt fallen auch schon die ersten leichten Tropfen. Langsam steigert es sich zu einem Nieselregen, und geht dann in einen Schauer über. Mit zunehmendem Regen und Fahrbahnnässe nehme ich das Tempo zurück, lande irgendwann bei Tempo 100. Der Schauer hält zum Glück nicht lange an, so daß das Regenzeug im Topcase bleibt. Bald hört es ganz auf zu regnen und die Fahrbahn wird wieder trocken, so daß wir wieder auf Reisegeschwindigkeit gehen. Kurz vor Kempten dann der letzte Tankstop.

Ein paar Kilometer weiter verlassen wir endlich die Autobahn und widmen uns den Landstraßen. In der Nähe von Reute verlassen wir Deutschland für eine Woche. Schnell noch das D-Schild auf den Koffer geklebt, die Ösis kassieren für so etwas schon mal gern ab. Die Straße die wir befahren ist keine Bundesstraße mehr, eher eine kleine Verbindungsstraße. Hier hat es vor Kurzem noch geregnet, die Straße ist naß und in den Gräsern kann man noch die Regentropfen schillern sehen.

Und da sind sie wieder, meine heiß geliebten Weideroste. Von nun an heißt es Obacht geben, hier haben Kühe, Ziegen und ähnliches „Vorgang“, denn die lieben Tierchen scheren sich um keine Verkehrsregeln. Zudem ist vorsichtiges Fahren angesagt, die Hinterlassenschaften in Form von Naturdünger auf der Straße tun ihr übriges.

Über Sträßchen geht es dann Richtung Hahntennjoch. Auf der Fahrt von Norden kommend Richtung Paß gibt es linker Hand eine Gastwirtschaft Als wir diese passieren kräht mir Bine ins Ohr „Halt! Da sind sie!“ Und richtig, auf dem Parkplatz stehen die Moppeds der Truppe von HaJo, die aus München aus die Anreise nach Völs in Angriff genommen haben. Wir also auch das Mopped abgestellt und rein. Da sitzt die ganze Truppe, gerade mit dem Essen fertig. Bei einem kurzen Klönschnack erfahren wir, daß die Mannschaft bisher ziemliches Pech mit dem Wetter hatte, denn seit München ist Dauerregen angesagt.

Weiter geht es, über das Hahntennjoch weiter Richtung Ötztal und Timmelsjoch. Blick rauf verheißt nichts gute, der Paß verbirgt sich in grauen Wolken. Rauf zur Mautstelle. Der gute Mann dort scheint mit den achtzehn Moppeds völlig überfordert, die Abfertigung dauert ewig. Entgegenkommende Biker kommen mit einer Hiobsbotschaft, einer der Tunnel soll vereist sein. Wir machen uns erstmal auf zur Raststätte auf dem Paß. Kurz hinter der Mautstelle hüllen und schon die Wolken ein, Sicht maximal 50 Meter. Wenn vor einem aus dem Nichts plötzlich eine weiße Wand aufragt, dann weiß man, man steht mitten in einer Spitzkehre. Auf dem Parkplatz sammeln wir uns. Von oben kommen wieder Moppeds, es wird berichtet, im ersten kurzen Tunnel läge etwas Neuschnee, auf der Südseite sei das Wetter jedoch drastisch besser als hier.

Die Berichte über den Strassenzustand des Tunnels relativieren sich etwas. Andere entgegenkommende Fahrer sprechen von etwas Neuschnee. Mir ist nicht so recht wohl bei der Geschichte und so lasse ich Bine bei Dirk das nächste Stück mitfahren, der bei Eisglätte deutlich mehr Erfahrung hat. Weiter geht’s, nach ein paar Metern erreichen wir den Tunnel. In der Tat liegt dort etwas Schnee auf der Fahrbahn, aber die Moppeds kann man da ruhig durchrollen lassen.

Kurz darauf passieren wir den langen Tunnel, der immer noch mit dem netten Schild „Vorsicht Eis im Tunnel“ warnt. Etwas mulmig wird es einem da ja doch, zumal es stockdunkel ist, die Fahrbahnmarkierung nicht so klasse und an den Tunnelwänden zwar Reflektoren befestigt sind, die aber eher mehr irritieren als nützen. Also immer dem Vordermann am Rücklicht kleben.

Auf der anderen Seite erwartet uns dann das, worauf wir schon den ganzen Tag warten: Sonne, trockene Straßen, angenehme Temperaturen. Endlich kann man die Kurven und Kehren so richtig genießen. Auf dem Weg nach unten müssen sich drei Rennsemmeln vom BikeNet Jagdgeschwader überholen lassen.

Unten legen wir dann eine kurze Pause ein. In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit beschließen wir, von dort aus über Meran und Bozen die SS19 zu nehmen um unsere Quartiere in Völs zu beziehen.

Sonntag, 20.6.99

Nach der Anfahrt von gestern ist heute ein gemächlicher Tag angesagt. Über Niger und Pordoi geht es zum Würzjoch, wo die leckersten Knovispaghetti der Gegend auf uns warten. Mit wohlgefüllten Mägen ist uns mittlerweile auch die Sonne wohl gestimmt und durch unzählige Kurven geht es durch eine grandiose Landschaft, von der man nicht genug bekommen kann. Beeindruckend auch, wie die Straßenbauer an, auf und in die Berge gebaut haben.

Montag, 21.6.99

Der Morgen überrascht uns mit ausgeprägtem Schmuddelwetter. Es gießt in Strömen. Das Frühstück dauert daher deutlich länger. Gegen 11.00 hört es dann auf zu regnen, eine halbe Stunde später scheint die Sonne zu versuchen, durch die Wolkendecke durchkommen zu wollen. Schnell sind die Klamotten angezogen und wir sitzen im Sattel. Kaum aus Völs raus und auf Höhe Kastelruth fängt es wieder an leicht zu tröpfeln. Wenige Minuten später setzte leichter Regen ein. Wir machen kurz Rast, werfen uns in die Regenklamotten. Mir ist insgesamt nicht so wohl mit Bine hinten drauf und den permanent wechselnden Straßenzuständen, aus denen nicht einwandfrei ersichtlich ist, ob der Belag greift oder nicht. Ich entschließe mich zur Umkehr, zumal der Regen langsam stärker wird. Andreas und Catinka schließen sich uns an. Auf dem Rückweg regnet es immer stärker, das Wasser läuft die Straßen runter und ich frage mich, ob BMW wohl auch Schwimmflügel im Programm hat. Äußerlich sehr naß, erreichen wir Völs und stellen unsere Moppeds triefend im Keller vom weißen Kreuz ab. Die Klamotten dann ab ins Bad zum trocknen. Den Rest des Tages wurde dann gemütlich mit Lesen und Faulenzen verbracht.

Dienstag, 22.6.99

Wetter: nicht obergenial, aber im Vergleich zu gestern schon deutlich besser. Bine und ich machen uns mit dem Troll auf eine etwas größere Runde auf. Kaltern, Mendelpaß, Gampen und Jaufenpaß sind nur einige Stationen auf der „Tour di Freß“. Gönnen wir uns schon Mittags ein reichliches Mahl, so können wir nicht umhin, einer Empfehlung von Michael zu folgen, am Jaufenpaß in Lina’s Hofschenke einzukehren, wo es einen sehr leckeren Kaiserschmarn gibt. Serviert wird die große Pfanne auf dem Tisch, dazu Marmelade und Apfelkuchen. Einfach köstlich. Wenn nur die Kalorien nicht wären….

Mittwoch, 23.6.99

Wetter sehr angenehm, klare Luft, nicht zu warm. Wir gehen wieder mit Troll auf Tour, diesmal auch Harald im Schlepptau. Ziel sind die drei Zinnen, wo gestern schon eine andere Gruppe war, die von niedrigsten Temperaturen berichteten. Nun denn, auf geht’s, kurze Rast am Falzarego und am Fuße der drei Zinnen wird zu Mittag gegessen – was sich allerdings als Reinfall entpuppt. Das „Sporthotel“ ist im Servieren sehr schnell. Die Spaghetti gibt es immerhin nach schon zwei Minuten, ebenso die Pommes von Bine. Entsprechend qualitativ war das ganze. Nunja, schnell vergessen, die Zinnen warten.

An der Mautstation vorbei über schöne Sträßchen bergauf und bergab, wir fahren bis zum höchstgelegenen Parkplatz rauf und machen es uns am Hang gemütlich. Die Aussicht ist gigantisch, beeindruckend die schroffen Felswände, die selbst auf diese Entfernung nichts von ihrer Gefährlichkeit für etwaige Bergsteiger verlieren. Wir lassen dies noch etwas auf uns wirken, bevor wir uns auf den Rückweg machen.

Donnerstag, 24.6.99

Heute steht ein weiterer Pflichtpunkt auf dem Programm. Das Stilfzerjoch soll heute bezwungen werden, ferner Umbrail und Gavia. Da die Strecke etwas länger ist, erfolgt die Anfahrt über die Schnellstraße. Mit dabei Andre Merker und Guido Gernerot nebst Töchterchen. Am Fuße des Passes lasse ich die beiden vorbei ziehen, um in Ruhe da rauf zu fahren. Allerdings kommen wir nicht weit.

Wir nehmen den Paß von der Südseite aus in Angriff, die Fahrbahn ist unregelmäßig und wellig. Nach ein paar Kehren kommen Bine und ich um eine Kurve und sehen rechts an der Felswand ein GoldWing-Gespann nebst Fahrer, Frau und Kind und davor geparkt die DR und GS von unseren Mitfahrern stehen. Wir stellen uns dazu und machen ein paar Fotos. Der Blick schweift in Richtung Wing. Der Fahrer beschäftigt sich etwas intensiver mit seinem Mopped und dann sehen wir es: Verkleidung vorne links angeschlagen, die Bremsscheibe scheint auch beschädigt zu sein. Der gute Mann hatte es etwas sehr eilig und hat auf einer Bodenunebenheit die Kontrolle über das Gespann verloren. Das Gespann sauste in Richtung der linken Fahrbahnbegrenzung, die hier aus vereinzelten Betonblöcken bestand. Diese haben ihn vor einer letzten finalen Schußfahrt in den Abgrund bewahrt.

Wir fahren weiter dem Paß entgegen. Mit der schweren K ist es schon ein Stück Arbeit da rauf, aber wir schaffen es. Allerdings sollte man immer damit rechnen, daß einem auch auf seiner Fahrbahn in der Kehre gelbe Cabrios aus Saarbrücken rückwärts entgegen kommen können, damit man dort parken kann.

Die Nordseite ist deutlich besser zu fahren, allerdings wird dort zur Zeit gebaut, so daß ein paar Meter Fahrbahndecke fehlen. Aber halb so wild.

Als nächstes ist der Umbrail dran. Die ersten Meter sind noch Asphalt, der Grenzposten ist nicht besetzt und wir rollen in die Schweiz. Zwei Kurven weiter stehen die Grenzer und halten uns an. Der eine dreht eine Runde ums Mopped und wir dürfen weiterfahren. Die Naturstrasse beginnt, immer schön vorsichtig fahren.

Fast unten kommen uns Andre und Guido schon wieder entgegen, wir drehen um und fahren wieder retour. Die Grenzer haben ihre Kontrolle mittlerweile wieder an ihren Posten verlegt und lassen und klaglos passieren.

Der Gavia steht auf dem Programm. Vor noch nicht allzu langer Zeit war dies ein Paß mit einer reinen Naturfahrbahn. In den letzten beiden Jahren wurde allerdings eine Asphaltdecke aufgebracht. Für Schotterfahrer ist dies mit Sicherheit eine herbe Ernüchterung, aber nichts desto trotz hat diese Strecke ihre Reize. Die Straße ist gut zu fahren, stellenweise jedoch sehr eng und die Kurven nicht einsehbar. Ich hoffe nur, daß uns jetzt kein Auto entgegenkommt. Für LKW und Busse ist diese Strecke ohnehin gesperrt. Aber es stellt sich mir die Überlegung, ob angesichts der stellenweise wirklich schmalen Streckenführung nicht eine S-Klasse auch schon als LKW gilt…….

Freitag, 25.6.99

Tscha, heute ist letzter Fahrtag für die meisten. Wir fahren eine Abschlußrunde, auf der das Würzjoch natürlich nicht fehlen darf. Nochmal Spagheti tanken. Und zumindest mit einem Teil der Mannschaft ein Erinnerungsfoto schießen. Abends heißt es dann Sachen packen und das Mopped soweit fertigmachen. Noch ein letztes Mal den Tankwart glücklich machen, morgen früh habe ich dazu keine Lust mehr.

Samstag, 26.6.99

Wir kommen relativ pünktlich aus Völs weg, wir sind mit Thomas Pflanz und Alexander Schmidt unterwegs. Wir nehmen die gleiche Strecke wie auf der Anreise, also Bozen, Meran, Timmelsjoch, Hahntennjoch, Pfronten und bei Kempten dann auf die Autobahn. Alexander kann das Tempo nicht mithalten, seine Kupplung rutscht durch. Thomas und ich sollen aber nicht auf ihn warten, da er das noch etwas dichter nach Hause hat als wir. Wir verabschieden uns auf einem Parkplatz von ihm und hoffen, daß er gut nach Hause kommt. Er kommt, wie wir später erfahren.

Gegen 17:00 schlagen wir dann bei Wolfgang und Anja auf, Thomas bleibt auch noch zu Grillen und es wird noch ein verdammt netter Abend.

Resümee

Ich hatte mir zwei Dinge für dieses Jahr vorgenommen. Zum einen wollte ich relativ gemütlich durch die Dolos fahren. Das habe ich auch ziemlich erfolgreich über die Bühne gebracht. Zweitens habe ich dadurch damit kalkuliert, daß Bine und ich meistens allein unterwegs sein würden. Allenfalls wollte ich mich einer Gruppe anschließen, aus der ich mich ggf. ausklinken könnte. Nun, das habe ich nicht so richtig geschafft, trotz aller Warnungen von wegen gemütlich, haben sich immer welche gefunden, die hinter uns her gefahren sind. Tourguide wollte ich nun gar nicht spielen, aber geschadet hat es auch nicht

An dieser Stelle möchte ich mich zum einen bei Hajo Griesbach bedanken, der dieses Jahr die Organisation übernommen hat. Zum anderen fand ich es bemerkenswert, wie zivilisiert die Truppe dieses Jahr wieder unterwegs war. Unfälle mit Verletzten oder wesentlichen Sachschäden blieben uns erspart, was wohl für sich spricht. Volker Astrath hatte zwar auf dem Heimweg eine etwas unangenehme Begegnung, aber auch hier ist außer ein paar kleiner Schrammen am Mopped nichts passiert.